Reform des europäischen Saatgutrechtes

21.12.2022

Die europäische Kommission plant - wie fast 10 Jahre zuvor - die europäischen Saatgutrichtlinien zu überarbeiten. Diese Überarbeitung bedarf der Zustimmung des Europäischen Rates und des Europäischen Parlamentes. Derzeit existieren 12 Richtlinien, dabei sind fünf für den professionellen und landwirtschaftlichen Bereich entscheidend (Getreide, Betarüben, Pflanzkartoffeln, Futterpflanzen und Öl- und Faserpflanzen). Im Laufe des Gesetzgebungsprozesses wurde in diesem Jahr eine öffentliche Konsultation durchgeführt. Dabei sollen die Meinungen u. a. verschiedener Interessengruppen, Verbände, Behörden und der EU-Bürger eingeholt werden. Auch der BVO hat sich im Frühjahr des Jahres eingebracht. Allerdings haben wir gegenüber der EU-Kommission auch dargelegt, dass aus unserer Sicht der Fragebogen nicht geeignet war. So ist eine große Anzahl der Fragen mehrdeutig und damit selbst für Experten im Saatgutrecht schwer zu beantworten. In vielen Punkten des Fragebogens werden mehrere völlig unterschiedliche Aspekte gemeinsam abgefragt, eine getrennte Bewertung ist deshalb nicht möglich. Kritisiert haben wir im Prozess vor allem die vorgesehene Einbeziehung des Saatgutrechts in die horizontale Verordnung über amtliche Kontrollen ((EU) 2017/625). Dies führt – ohne dass dadurch ein Mehrwert generiert wird – zu einer deutlichen Ausweitung der Bürokratie und zu Kostensteigerungen in der Saatgutzertifizierung. So sieht die Kontrollverordnung weitere Kontrollmechanismen auf nationaler und europäischer Ebene vor, die es bisher im Saatgutrecht nicht gibt. Aufgrund unterschiedlicher Zuständigkeiten können amtliche Kontrollen zu einem Akkreditierungs- bzw. Auditierungsaufwand führen. Aus unserer Sicht bilden die Sortenzulassung und Saatgutanerkennung die zwei Hauptsäulen des europäischen Saatgutrechts und stellen sicher, dass nur qualitativ hochwertiges Saatgut in den Verkehr gebracht wird. Sie dienen der Ertragssicherheit des Landwirts und folglich auch der Versorgungs- und Lebensmittelsicherheit der Gesellschaft. Zusätzliche Ausnahmen von der verpflichtenden Zulassung und Zertifizierung bergen ein erhebliches Missbrauchspotenzial, wodurch künftige Innovationen sowie die Saatgutqualität des Saatgutes gefährdet werden.

Die Konsultation soll(te) Ende dieses Jahres angenommen werden. Der BVO wird diesen Gesetzgebungsprozess wie gewohnt weiter eng und kritisch begleiten. Auf unsere Initiative hin haben sich auch die entsprechenden Verbände der Wertschöpfungskette wieder in einer losen Arbeitsgruppe zusammengefunden.