Kurzfristigkeit politischer Entscheidungen erschwert Saatgutvermehrung
„Saatgut wird als Betriebsmittel für die Landwirtschaft weiter an Bedeutung gewinnen“. Hiervon zeigte sich Jörg Hartmann, der Vorsitzende des Bundesverbandes der VO-Firmen (BVO) auf dem diesjährigen Saatguthandelstag in Magdeburg überzeugt. Auf dem Branchentreff der Saatgutproduzenten diskutierten am 9. und 10. Mai 230 Teilnehmer über die Auswirkungen volatiler Märkte, klimatischer Herausforderungen und der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) auf die Saatgutvermehrung. Hartmann beklagte, dass die Kurzfristigkeit politischer Entscheidungen die Vermehrungsplanung der VO-Firmen deutlich erschwere. Dies ergab sich auch aus den Ausführungen von Laura Jans-Wenstrup, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, die darauf hinwies, dass viele Details der GAP-Anforderungen noch unklar seien, wie zum Beispiel die Frage, wie bei Maismischungen der erforderliche „sichtbare“ Anteil beurteilt würde.
Ludwig Striewe, BAT Agrar GmbH, richtete den Blick auf die extremen Preisschwankungen bei Getreide. Ein Preisverfall von bis zu 180,00 Euro wie in den letzten Monaten sei einzigartig in der jüngeren Vergangenheit. Dies stellt auch die Unternehmen der Saatgutbranche teilweise vor hohe finanzielle Risiken. Auch würden die Getreidepreise zunehmend nicht nur von tatsächlichem Angebot und Nachfrage abhängen, sondern von Schätzungen und nicht zuletzt von politischen Entscheidungen und Absprachen. Prof. Dr. von Cramon-Taubadel, Universität Göttingen, riet der Branche, sich intensiv in die fachliche Diskussion einzubringen. Agrarpolitik würde zunehmend von Nicht-Agrariern bestimmt. Er äußerte die Hoffnung, dass sich die Erkenntnis durchsetze, wonach ein erforderlicher Rückgang der Nachfrage nicht mit einem Rückgang der Produktion verbunden sein müsse, gerade auf Gunststandorten wie Deutschland. Vielmehr müsse man sich an den planetaren Grenzen orientieren und die Produktion weltweit so verteilen, dass pro Einheit produzierter Lebensmittel möglichst wenig C02 entstünde.
Einen weiteren Schwerpunkt der Tagung bildeten die Folgen der klimatischen Veränderungen für die Saatgut-Produktion. Prof. Dr. Stich, Universität Düsseldorf, erklärte die Schwierigkeiten bei der Züchtung trockenresistenter Pflanzen und hob die Notwendigkeit hervor, den Genpool durch schnelle Domestizierung von Wildsorten zu verbreitern. Falk Böttcher vom Deutschen Wetterdienst stellte dar, dass eine Herausforderung für die Saatgutproduktion in der mittlerweile fast drei Wochen früher im Jahr beginnenden Vegetation liege, jedoch bis zu den Eisheiligen nach wie vor mit Frösten zu rechnen sei. Schließlich diskutierten die Teilnehmer über die Erfahrungen aus den Landessortenversuchen für Soja und Leguminosen und waren sich einig, dass diese Kulturen zwar langsam aus der Nische herauswachsen würden, es jedoch weiterer Optimierung im Anbau, und vor allem finanzieller Anreize sowie Absatzmöglichkeiten bedürfe, um Eiweißpflanzen wirklich wettbewerbsfähig zu machen.
Bundesverband der VO-Firmen e. V.
Der Bundesverband der VO-Firmen e.V. (BVO) vertritt bundesweit die Vermehrungs-Organisationsfirmen (VO-Firmen) für die Bereiche Getreidesaatgut, Leguminosen, Feldsaaten und Öko-Saatgut. Mit ihrer Tätigkeit bringen VO-Firmen Züchtungsfortschritt, genetische Vielfalt und kontrollierte Qualität in die breite landwirtschaftliche Praxis und nehmen somit eine entscheidende Rolle in der Wertschöpfungskette der landwirtschaftlichen Produktion ein.
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