EfSA Kriterien zur Risikobewertung von NGT-Pflanzen deuten einen Alleingang der EU an
Ende September hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Kriterien für die Risikobewertung von NGT-Pflanzen publiziert. Damit wurde ein weiterer Baustein zu einer neuen Gesetzgebung für NGT-Pflanzen in Europa gelegt. Die Einschätzung der EFSA wird zweifellos zur abschließenden Risikobewertung von NGT-Pflanzen durch die EU-Kommission beitragen, welche Ende des Jahres 2022 erwartet wird. In der Stellungnahme schlägt die EFSA sechs Hauptkriterien zur Risikobewertung von NGT-Pflanzen vor. Dabei ist positiv hervorzuheben, dass transgene Pflanzen, die artfremde oder künstlich hergestellte genetische Sequenzen enthalten, außerhalb der Risikobewertung für NGT-Pflanzen liegen. Somit wurde von der EFSA erstmals klar zwischen transgenen Pflanzen und NGT-Pflanzen unterschieden. Die ersten vier Kriterien der Stellungnahme dienen dazu, die verwendete molekularbiologische Methode und das mögliche Ausmaß der genetischen Veränderung in der Pflanze festzustellen. Die Kriterien bewerten beispielweise, ob eine oder mehrere exogene DNA-Sequenzen eingebracht wurden (Kriterium 1), ob die DNA-Sequenz aus dem Genpool der Züchter stammt (Kriterium 2), ob die Integration von genetischem Material zufällig oder mittels gerichteter Mutagenese stattfand (Kriterium 3) und ob bei dem Verfahren ein natives Pflanzengen unabsichtlich unterbrochen wurde (Kriterium 4). Es bleibt jedoch unklar, welche Schlussfolgerung anhand der Kriterien für die Risikobewertung gezogen wird, denn in jedem Fall sollen für NGT-Pflanzen die Kriterien 5 und 6 angewendet werden. Kriterium 5 bewertet, ob die Pflanze in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum sicher konsumiert wurde, was für neuartige NGT-Pflanzen z. B. krankheits- oder trockenresistente Pflanzen, die bisher nicht durch konventionelle Züchtung hergestellt werden konnten, natürlich nicht nachzuweisen sein wird. In Bezug auf das Kriterium 6, welches das Risiko eines neuen Allels aufgrund von dessen Struktur und Funktion in der Pflanze bewertet, ist ebenfalls nicht klar definiert, welche „Funktionen und Strukturen eines Allels“ aus Sicht der EFSA als sicher oder nicht sicher gelten. Der Ansatz der EFSA legt nahe, dass ein „GVO-light-System“ für die Risikobewertung angestrebt wird, welches ein aufwändiges und politisiertes Zulassungssystem vor dem Inverkehrbringen für NGT-Pflanzen auch dann beibehält, wenn das Produkt von konventionell hergestellten Pflanzen nicht zu unterscheiden ist.
Aus unserer Sicht ist der GVO-light-Ansatz als nicht praktikabel anzusehen. NGT-Pflanzen würden unter solchen Bedingungen nicht zu den Zielen der Farm-to-Fork-Strategie und der Steigerung der Biodiversität beitragen können. Auch die EFSA erkennt offenbar die massiven Unklarheiten bezüglich der Kriterien 5 und 6 und betont in der Schlussfolgerung, dass sich aus dem Dokument keine Anforderungen für die Risikobewertung von NGT-Pflanzen ableiten lassen und Definitionen zukünftig weiter ausgearbeitet werden müssen. Es bleibt also abzuwarten, wie die Risiken von NGT-Pflanzen abschließend bewertet werden und welche Folgen sich daraus für die zukünftige Gesetzgebung, die dem Europäischen Parlament und dem Rat im zweiten Quartal 2023 vorgelegt werden soll, ergeben. Auch bei einer genauen Ausarbeitung des Vorschlags der EFSA ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar, dass die Anforderungen an die Risikobewertung aus einem rein prozessbasierten Blickwinkel betrachtet werden, ohne das Produkt und dessen Vergleichbarkeit mit Pflanzen aus konventioneller Züchtung oder aus natürlichen Prozessen zu berücksichtigen. Damit deutet sich an, dass die EU, im Gegensatz zu der Mehrzahl der Drittstaaten einen Sonderweg einschlagen wird. Dies wäre fatal für die Konkurrenzfähigkeit europäischer Unternehmen auf dem Weltmarkt und würde zu einem ungleichen Level Playing Field führen, was besonders KUM hart treffen wird.
Einen aktuellen FAQ des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) finden Sie hier.