BMEL: Zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu den neuen molekularbiologischen Züchtungstechniken
Der Europäische Gerichtshof hat heute wichtige rechtliche Fragen zu den sogenannten neuen Züchtungstechniken geklärt. Dazu zählen beispielsweise das Genome Editing mit CRISPR/Cas9 und Züchtungsverfahren mit chemischer Behandlung oder ionisierender Bestrahlung von Pflanzen beziehungsweise Samen.
Die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, nach der Verkündung des Urteils:
„Mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs ist eine Klarstellung in einem der bedeutendsten Forschungsfelder erfolgt. Fachpolitiker und -experten haben darauf gewartet, um weitere sachgerechte Schritte festlegen zu können. Mir ist wichtig, dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofs sorgfältig ausgewertet wird. Oberste Maxime hat dabei der gesundheitliche Verbraucherschutz. Gleichzeitig will ich den Blick für Entwicklungen und Innovationen offen halten. Denn wir sind nicht allein auf dieser Welt: Vielerorts werden neue Züchtungstechnologien bereits angewandt oder sind unerlässlich, um für eine ausreichende Versorgung beispielsweise mit Getreide zu sorgen. Ich sehe deutliche Herausforderungen: Wir wollen einerseits weniger Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Andererseits gleiche Ernteerträge. Dazu bräuchten wir weitere Möglichkeiten – zum Beispiel schädlingsresistente oder dürreresistente Sorten. Diese Diskussion möchte ich in Europa gemeinsamen mit der Europäischen Kommission und den Mitgliedsstaaten vorantreiben.“
Der Europäische Gerichtshof urteilte heute, dass Organismen gentechnisch veränderte Organismen sind, die nach der Definition der Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG durch klassische Mutagenese oder mittels neuer Züchtungstechniken erzeugt wurden. Die mit neuen Züchtungstechniken erzeugten Organismen fallen außerdem nicht unter die Mutagenese-Ausnahmeregelung, die nur für bisher angewendete Züchtungsverfahren mittels ionisierender Bestrahlung oder chemikalischer Behandlung von Pflanzen beziehungsweise Samen gilt. „Dies dürfte zur Folge haben, dass Pflanzen und daraus gewonnene Erzeugnisse in bestimmten Ländern außerhalb der EU dereguliert sind, in der EU jedoch eine Zulassung nach dem Gentechnikrecht benötigen. Das ist ein Flickenteppich an Regelungen, den die Europäische Kommission zusammensetzen muss. Selbstverständlich werden wir dabei unterstützen“, so Bundesministerin Klöckner.
Das Gericht urteilte zudem, dass die Mitgliedstaaten Nutzpflanzen und andere Organismen regulieren dürfen, die mit Hilfe klassischer Mutagenese entwickelt wurden und die keine GVO sind. Dies gilt allerdings nur, wenn die Regeln des EU-Binnenmarktes beachtet werden. „Ich strebe hier, soweit Regelungen erforderlich sein sollten, wegen des EU-Binnenmarkts und des Handels mit Ländern außerhalb der EU eine europäische Lösung an“, so Bundesministerin Klöckner.
Hintergrund:
Hintergrund des Verfahrens war die Klage einiger Verbände beim Conseil d´État in Frankreich gegen die nationale Regelung zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2001/18/EG über die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen. Für seine Urteilsfindung formulierte der Conseil d´État einige grundlegende Fragen nach dem Anwendungsbereich der EU-Freisetzungsrichtlinie und der sogenannten Mutagenese-Ausnahmeregelung. Außerdem bat das Gericht den Europäischen Gerichtshof zu klären, ob die neuen molekularbiologischen Züchtungstechniken, abschließend im EU-Recht geregelt sind oder die EU-Mitgliedstaaten hier noch einen eigenen Regelungsspielraum haben, wenn die Anwendung dieser Techniken nicht zu einem gentechnisch veränderten Organismus (GVO) führt.