Die Aufbereitung von Nachbausaatgut - Auskunftspflicht
1. Allgemeines zur Rechtslage
Pflanzenzüchter als Sortenschutzinhaber haben gegenüber Landwirten einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Nachbaugebühr, wenn die Landwirte von der Möglichkeit des Nachbaus Gebrauch machen. Zur Durchsetzung dieses Anspruchs fordert die Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH (STV) als Bevollmächtigte der deutschen Pflanzenzüchter jährlich die Aufbereiter von Saatgut auf, Auskunft über die Aufbereitung von Nachbausaatgut zu erteilen und die betreffenden Kunden und Mengen zu benennen.
Die Auskunftspflicht des Aufbereiters über die Lohnaufbereitung von Nachbau ergibt sich aus dem deutschen wie auch aus dem EU-Recht (§ 10 a Absatz 6 Sortenschutzgesetz, Art. 14 Absatz 3, sechster Gedankenstrich GemSortV und Art. 9 Absatz 2 GemNachbV). Zahlreiche Urteile des Europäischen Gerichtshofes (z.B. EuGH C-336/02) sowie des Bundesgerichtshofes (BGH ZR 191/03, ZR 170/04) haben die Auskunftspflicht weiter spezifiziert. Der Aufbereiter von Nachbausaatgut ist demnach gesetzlich verpflichtet, Auskunft zu erteilen, für wen und in welchem Umfang er Nachbausaatgut von geschützten Sorten aufbereitet hat. Die Auskunftspflicht des Aufbereiters gilt für alle national und nach EU-Recht geschützten Sorten. Die Auskunftsverpflichtung betrifft alle Unternehmen, die Saatgut zu Nachbauzwecken aufbereiten.
Voraussetzung für einen Auskunftsanspruch des Züchters gegenüber dem Aufbereiter ist jedoch die Darlegung von hinreichend konkreten Anhaltspunkten, dass das Erntegut der geschützten Sorte zum Zweck des Nachbaus aufbereitet wurde oder die Absicht zur Aufbereitung bestand. Nur wenn ein solcher Anhaltspunkt Seitens der Sortenschutzinhaber bzw. der STV als Bevollmächtigte vorgelegt wird, kann ein Auskunftsanspruch begründet werden. Nicht ausreichend sind damit pauschale Auskunftsersuchen ohne Anhaltspunkte. Legt die STV einen hinreichend konkreten und schlüssigen Anhaltspunkt für eine bestimmte Sorte vor, so muss der Aufbereiter für alle Landwirte, für die er diese Sorte in dem jeweiligen Wirtschaftsjahr (auf das sich die Auskunft bezieht) aufbereitet hat, Auskunft erteilen. Der Auskunftsanspruch bezieht sich jedoch nur auf die in der STV-Auflistung genannten Sorten, nicht jedoch auf Sorten anderer Züchter oder andere Sorten desselben Züchters, die nicht explizit genannt werden. Der Umfang der Auskunftspflicht ergibt sich aus den eigenen Aufzeichnungen des Aufbereitungsbetriebes. Sind vom Aufbereiter keine Sortenangaben aufgezeichnet, da der Landwirt keine Sorten bei Anlieferung des Nachbausaatguts genannt hat, so erschöpft sich die Auskunftspflicht in dem Hinweis an die STV, dass Sortenangaben nicht vorliegen bzw. nur die Aufbereitung von Wintergerste oder Winterweizen allgemein vermerkt wurde.
Weitere Auskünfte zu diesem Thema erteilt Ihnen die Geschäftsstelle.
2. Aufbereitung von Hybriden, synthetischen Sorten und Sojabohnen, Blauen Lupinen
Möchte der Landwirt jedoch Sorten aufbereitet wissen, bei denen Hybridzüchtungen bzw. synthetische Sorten möglich sind, sollte der Aufbereiter zur eigenen Sicherheit nach dem Sortennamen fragen (z.B. bei Roggen, der auch als Hybridroggen verfügbar ist), da dem Aufbereiter jegliche Aufbereitung von Hybriden verboten ist. Unkenntnis hinsichtlich der konkreten Sorte schützt hier nicht vor Strafe! Die Aufbereitung von Saatgut dieser Sorten ist ausschließlich dem Sortenschutzinhaber vorbehalten und ohne eine im Einzelfall erteilte Erlaubnis durch den Sortenschutzinhaber nicht erlaubt. Eine Aufbereitung von Saatgut dieser Sorten ohne Zustimmung des Sortenschutzinhabers stellt eine strafbare und schadenspflichtige Sortenschutzverletzung dar. Der Sortenschutzinhaber hat in diesem Fall einen gerichtlichen Anspruch gegenüber dem Aufbereitungsbetrieb auf Unterlassung, Schadensersatz und Rechnungslegung.
Eine weitere Ausnahme bilden Blaue Lupinen und Sojabohnen, denn für sie gilt das Sortenschutzrecht uneingeschränkt, so dass auch Blaue Lupinen und Sojabohnen nicht zu Nachbauzwecken verwendet und nicht zu Nachbauzwecken aufbereitet werden dürfen. Generell ist die Aufbereitung also ausschließlich dem Sortenschutzinhaber vorbehalten. Allerdings ist es Aufbereitern im Einzelfall und mit erteilter Erlaubnis des Sortenschutzinhabers erlaubt, Nachbausaatgut von Sojabohnen und Blauer Lupine aufzubereiten.
Außerdem ist nach dem deutschen Sortenschutzgesetz als auch dem europäischen Sortenschutz der Nachbau von Gräsern und Feinleguminosen für den eigenen Bedarf grundsätzlich nicht erlaubt. Das deutsche Sortenschutzgesetz und der europäische Sortenschutz legen die Arten fest, bei denen geschützte Sorten gegen Zahlung einer Entschädigung an den Sortenschutzinhaber nachgebaut werden dürfen. Gräser und die in Deutschland gebräuchlichsten Kleearten gehören nicht dazu. Wer Erntegut von geschützten Sorten dieser Arten erneut aussät, handelt illegal. Verstöße gegen das Sortenschutzgesetz und den europäischen Sortenschutz können empfindliche Strafen nach sich ziehen. Wer nachgebautes Saatgut dieser Arten aufbereitet oder in Verkehr bringt, verstößt zusätzlich gegen das Saatgutverkehrsgesetz.