Getreidepopulationen jetzt für den Anbau verfügbar
Nach jahrelangen Bemühungen verschiedener Züchterhäuser ist nun erstmals Saatgut von Populationen (sog. heterogenes Material) für den aktuellen Anbau verfügbar. Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), die Forschung & Züchtung Dottenfelderhof sowie die Getreidezüchtung Peter Kunz haben diese neuen Populationen entwickelt.
Die rechtlichen Regelungen im Saatgutmarkt verhinderten bislang das Inverkehrbringen von heterogenem Material. Dank der EU-Verordnung 2014/150 zur Förderung der Biodiversität ermöglicht ein befristetes Experiment bis 31.12.2018 das Inverkehrbringen von Saatgut von Populationen der Arten Weizen, Gerste, Hafer und Mais. In Deutschland wurde diese mit der Verordnung vom 28.07.2015 (BGBl. I S. 1418) umgesetzt. Auch bei den selbstbefruchtenden Getreiden Weizen, Hafer und Gerste gibt es Vorarbeiten, um der Landwirtschaft Populationen dieser Arten zur Verfügung zu stellen.Eine wesentliche Schwierigkeit bei der Entwicklung von Populationen stellte bislang die Zulassung eines solchen Materials wegen des Saatgut- und Sortenrechtes dar. Damit eine Sorte zugelassen und dessen Saatgut vertrieben werden kann, muss sie eindeutig beschreibbar und von anderen Sorten unterscheidbar, hinreichend homogen und beständig sein. Populationen weisen jedoch eine ausgeprägte Heterogenität in der Ausprägung vieler Merkmale auf. Daher fällt eine einheitliche Beschreibung schwer und ist eine Unterscheidung von anderen Sorten oder Populationen schwierig. Populationen sind Mischungen aus verschiedenen Genotypen. Sie weisen aufgrund ihrer hohen genetischen und phänotypischen Heterogenität eine höhere Diversität als Hybrid-, Klon- oder Liniensorten auf und haben dadurch ein hohes Adaptionspotential an sich ändernde Umweltbedingungen. Damit eignen sie sich besonders für den ökologischen Anbau, da hier nur wenige Regulierungsmaßnahmen möglich sind, aber auch für Grenzlagen und Standorte mit ungünstigen Boden- und Witterungsbedingungen. Insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmend extremeren Klimabedingungen können diese Eigenschaften in Zukunft noch eine weitaus größere Bedeutung für die Landwirtschaft bekommen. Ein wichtiger Punkt bei der Diskussion um die Notwendigkeit von Populationen ist das Bemühen um den Erhalt bzw. Aufbau einer möglichst breiten genetischen Vielfalt.