JKI etabliert Forschungszentrum für landwirtschaftliche Fernerkundung (FLF)
Mit dem erfolgreichen Start des Sentinel-2B Satelliten am 7. März 2017 um 2:49 Uhr mitteleuropäischer Zeit ist das Quartett der hochauflösenden Fernerkundungssatelliten des Europäischen Weltraumprogramms „Copernicus“ jetzt komplett. Deutschland wird nun regelmäßig alle ein bis drei Tage von zwei Radarsatelliten und zwei optischen Satelliten mit multispektralen Aufnahmegeräten überflogen und vermessen. Mit den Sentinels verfügt die landwirtschaftliche Forschung und Praxis über eine völlig neuartige Datenquelle und diese in einer bisher ungeahnten Präzision.
Die riesige Menge an Rohdaten muss ausgewertet und interpretiert werden. Sie stellen einen erheblichen Mehrwert für eine Vielzahl an Fragen dar, die an den Fachinstituten des Julius Kühn-Instituts (JKI) erforscht werden und für die Ressortforschung und die Beratung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) von Belang sind.
Die Nutzungsmöglichkeiten sind enorm vielfältig. Daher hat sich das JKI entschlossen, ein Forschungszentrum für landwirtschaftliche Fernerkundung (FLF) als institutsübergreifende Einrichtung zu etablieren. Das FLF ist Ansprechpartner für das BMEL sowie die Fachinstitute des JKI. Darüber hinaus soll es Anlaufstelle für andere Forschungseinrichtungen und Behörden mit Bezug zur Fernerkundung sein. Mit der Koordination des FLF ist Dr. Holger Lilienthal vom JKI-Fachinstitut für Pflanzenbau und Bodenkunde betraut. „Wir fangen gerade erst an, das Potenzial dieser Datenfülle für unsere Fragestellungen zu erschließen“, sagt Dr. Lilienthal, „und es laufen bereits jetzt schon die Planungen für die nächste Generation der Sentinel-Satelliten ab 2030.“ Folgerichtig sucht das JKI nach weiteren Anwendungsmöglichkeiten für die Fernerkundung im landwirtschaftlichen Bereich und beabsichtigt, diese Forschungsaktivitäten auszubauen.
„Viele interessante Forschungsergebnisse landen derzeit nach Beendigung eines Projektes in der Schublade, da die dafür zeitlich befristet eingestellten Personen nicht weiter finanziert werden können. In anderen Fällen werden Methoden nur in kleinen Untersuchungsgebieten getestet. Die Übertragung und Anwendung auf größere Regionen oder gar das gesamte Bundesgebiet findet nicht statt“, führt Lilienthal weiter aus. Das FLF will sich dieser Ergebnisse und Methoden künftig verstärkt annehmen und geeignete Ansätze operationell für Deutschland aufbereiten.
Das FLF setzt sich aus Fachwissenschaftlerinnen und Fachwissenschaftlern und technischem Personal des JKI zusammen. Es wird angestrebt, die Anwendungsfelder für Fernerkundungstechnologien zu erweitern. Neben den Fragestellungen zu Aspekten der Kulturpflanzen sollen Kooperationen mit anderen Einrichtungen die Informationen zur Agrarstatistik (DeStatis), Agrarmeteorologie (Deutscher Wetterdienst, DWD) und Agrarökonomie (Thünen-Institut) entwickelt werden.
Dr. Holger Lilienthal wurde von der Europäischen Kommission als sogenannter „Copernicus Relay“ für Landwirtschaft in Deutschland benannt. Er ist damit der direkte Kontakt zur EU und wird Fragen und Anregungen aus Forschung und Praxis dorthin weiterleiten.