Wie Satellitenbildinformationen aus dem All für Landwirte nutzbar gemacht werden können

05.10.2016
Julius Kühn-Institut (JKI)

Erdbeobachtungssatelliten liefern wichtige Informationen über den Zustand und die Veränderungen unseres Lebensraums, auch über landwirtschaftlich genutzte Flächen. In Deutschland bewirtschaften etwa 285.000 landwirtschaftliche Betriebe knapp über die Hälfte der Gesamtfläche des Landes (52 %). Allerdings waren bisher aktuelle Informationen, die sich aus Satellitenbildern ergeben, meist nur für Experten verfügbar, da die Beschaffung und Auswertung der Daten für einzelne Landwirte zu kostspielig und kompliziert war. Die Partner des jetzt gestarteten Verbundprojektes AGRO-DE wollen das ändern.

„Unser Ziel ist es, aktuelle Informationen aus Satellitenbildern deutschlandweit für die Landwirtschaft aufzubereiten und über das Internet bereitzustellen“, erklärt der Koordinator Dr. Holger Lilienthal, der am Julius Kühn-Institut (JKI) in Braunschweig forscht. Gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und den Firmen EOMAP und Hanse Agro soll ein Daten- und Auswertungscluster geschaffen werden, das den landwirtschaftlichen Betrieben, Beratern, Lohnunternehmern und Serviceprovidern ermöglicht, aufbereitete Fernerkundungsinformationen zeitnah zu nutzen und in ihre Betriebsabläufe zu integrieren. Das Projekt wird für die nächsten drei Jahre mit 1,85 Mio. Euro vom Deutschen Landwirtschaftsministerium über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) gefördert.

„Die Informationen sollen am Ende in verschiedenen Formen, z. B. als Karten- oder Datendienst oder aber als Bilddaten bzw. in Form eines dynamischen Modellierungsergebnis, bereit gestellt werden“, erklärt Dr. Lilienthal weiter. Beispielsweise liefern die Sentinel-1-Satelliten über Deutschland mit ihrer wolkendurchdringenden Radartechnik garantiert alle 2-3 Tage aktuelle Informationen über die Entwicklung der Vegetationsbestände. Alle 3-4 Tage werden die Flächen von den multispektralen Sentinel-2-Systemen überflogen. Aus diesen verfügbaren Rohdaten ließe sich mit Hilfe der richtigen Auswertungstechnik Pflanzenparameter bestimmen, etwa der Reifegrad des Korns, die Nährstoffversorgung oder die Ausbreitung von Krankheiten. Entsprechend könnten die Anbauer mit Maßnahmen reagieren. Hier soll AGRO-DE Pionierarbeit leisten. Dazu wird die Hessische Staatsdomäne Beberbeck zum Demonstrationsbetrieb. Der Betrieb wird die im Projekt erarbeiteten neuen Informationsprodukte auf ihre Nutzbarkeit in der landwirtschaftlichen Praxis testen und bewerten.

Mit dem AGRO-DE-Projekt sollen erstmalig alle Landwirte in Deutschland von aktuellen Satelliteninformationen profitieren. Indem ein offener Zugang zu den Informationsprodukten geschaffen wird, wird der Einsatz von Precision-Farming-Technologien weiter stimuliert. „Ertragsabschätzung aus dem All, präziser Dünger- und Pflanzenschutzmitteleinsatz und insbesondere eine schnellere Reaktionsmöglichkeit auf Stress- und Krankheitssituationen könnten damit bald Realität werden“, blickt Lilienthal in die Zukunft. Und diese aktuellen Informationen sollen auch kleinstrukturierte Betriebe und Betriebe mit ökologischem Landbau ansprechen. Darüber hinaus könnten AGRO-DE-Werkzeuge künftig auch Forschungseinrichtungen, Bundes- und Landesbehörden sowie Nichtregierungsorganisationen (NGO) bei ihrer Arbeit unterstützen, da methodisch einheitlich hergestellte Datensätze für Deutschland bereitstehen. Der offizielle Startschuss für das zunächst auf drei Jahre angelegte Verbundprojekt hat am 26.09.16 auf der Hessischen Staatsdomäne Beberbeck bei Kassel stattgefunden.