Die Saatgutanerkennung hat in Deutschland eine über 100-jährige Tradition. Das bestehende staatliche Saatgutanerkennungssystem in Deutschland basiert auf dem Saatgutverkehrsgesetz und europäischen Saatgutrichtlinien. Saatgut darf nur in Verkehr gebracht werden, wenn es staatlich zertifiziert ist (§ 3 Saatgutverkehrsgesetz). Die staatliche Zertifizierung/Anerkennung erfolgt nur, wenn
- Die betreffende Sorte zugelassen ist
- Der Feldbestand die festgesetzten Anorderungen erfüllt (Feldbestandsprüfung)
- Das Saatgut den Anforderungen der gesetzlich definierten Beschaffenheit entspricht (Beschaffenheitsprüfung)
Damit Saatgut als zertifiziertes, also anerkanntes Saatgut gehandelt werden kann, muss es von hoher Qualität sein. Die hohen Qualitätsstandards sind im Saatgutverkehrsgesetz und in den verschiedenen Saat- bzw. Pflanzgutverordnungen geregelt. Die Qualität wird bei Getreide, Ölsaaten und Gräsern bereits durch die Besichtigung des Feldbestandes der Vermehrungsfläche (Feldbesichtigung) sichergestellt. Die Vermehrungsfläche muss ordnungsgemäß bearbeitet und behandelt sein. Zudem müssen hohe Standards bei Fremdbesatz und Gesundheitszustand erfüllt werden. Im Rahmen der Saatgutanerkennung wird dann nochmals jede Saatgutpartie auf Keimfähigkeit, Gesundheit, Fremdbesatz und Reinheit untersucht (Beschaffenheitsprüfung). Dabei entnimmt der von der zuständigen Behörde Beauftragte (Probenehmer) der für das Inverkehrbringen verpackten Saatguteinheit eine Probe. Das Höchstgewicht einer Partie sowie das Mindestgewicht einer Probe ergeben sich aus der Saatgutverordnung. Für Getreide (außer Mais und Sorghum) beträgt das Höchstgewicht einer Partie 30 Tonnen sowie das Mindestgewicht einer dieser Partie zugeordneten Probe für die Beschaffenheitsprüfung 1000 Gramm. Nur wenn das untersuchte Saatgut die folgenden am Beispiel Weichweizen genannten Standards erfüllt, wird die Saatgutanerkennung ausgesprochen, das Saatgut zertifiziert und als so genanntes Z-Saatgut in den Handel gebracht:
- Keimfähigkeit: Mindestens 92 % der reinen Körner.
- Gesundheit: Das Saatgut darf nicht von lebenden Schadinsekten oder lebenden Milben befallen sein. Das Saatgut darf nicht von parasitischen Pilzen oder Bakterien in größerem Ausmaß befallen sein.
- Fremdbesatz: Höchstens 4 Körner anderer Arten als Getreide pro 500-Gramm-Probe außer Flughafer und Flughaferbastarde (Nulltoleranz).
- Reinheit: Höchstens 3 Körner anderer Getreidearten pro 500-Gramm-Probe.
Die staatliche Anerkennung ist in der Bundesrepublik Deutschland den Bundesländern übertragen. Bundesweit existieren zurzeit 15 Anerkennungsstellen. Diese Anerkennungsstellen arbeiten in der Arbeitsgemeinschaft der Anerkennungsstellen für landwirtschaftliches Saat- und Pflanzgut eng zusammen. Zur einheitlichen fachlichen Umsetzung wurden Richtlinien für Feldbesichtigung, Probenahme, Kennzeichnung und Verschließung sowie Beauftragung von privaten Feldbesichtigern bzw. privaten Laboratorien erstellt. In der verwaltungsmäßigen Abwicklung wie auch bei den Gebühren gibt es zurzeit zwischen den einzelnen Bundesländern jedoch wesentliche Unterschiede.
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Termine für den Antrag auf Anerkennung von Saatgut (Auswahl):
- 31. März
- Wintergetreide
- Leguminosen (Überwinterungsanbau), außer Luzernen und Rotklee mit Samenernte im zweiten Schnitt
- 30. April
- Gräser, außer Weidelgräsern mit Samenernte im zweiten Schnitt
- 15. Mai
- Sommergetreide
- Leguminosen (außer Überwinterungsanbau), Phazelie, Ölrettich
- Öl- und Faserpflanzen (außer Überwinterungsanbau), außer Sojabohne und Sonnenblume
- 31. Mai
- Mais, Sorghum
- Sojabohne, Sonnenblume
- 10. Juni
- Weidelgräser mit Samenernte im zweiten Schnitt
- 15. Juli
- Rotklee mit Samenernte im zweiten Schnitt
- 15. August
- Luzernen mit Samenernte im zweiten Schnitt
- 30. September
- Öl- und Faserpflanzen (Überwinterungsanbau)
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Neugestaltung der Anerkennungsnummern
Mit der 12. Verordnung erfolgt eine bundesweite Vereinheitlichung der Anerkennungs- und der Mischungsnummern. Um künftig deutschlandweit ein einheitliches Softwarepaket für die verfahrensmäßige Abwicklung der Saatgutanerkennung (SAPRO/KAPRO als virtuelle Anerkennungsstelle) nutzen zu können, wurde die Anerkennungsnummer neu gestaltet. Die Anerkennungsnummer setzt sich zukünftig zusammen aus:
- den Buchstaben "DE",
- dem von der Anerkennungsstelle genutzten Länderkennzeichen,
- der Angabe der letzten Ziffer der Jahreszahl der Anerkennung,
- einem Gedankenstrich sowie
- einer mehrstelligen, von der Ankerkennungsstelle festgesetzten Zahl.
Statt des bisher genutzten, für den Sitz der Anerkennungsstelle geltenden Unterscheidungszeichens der Verwaltungsbezirke (z.B. BN für Bonn oder HAL für Halle etc.) soll durch die neue Formulierung erreicht werden, dass die Anerkennungsstellen künftig den im Rahmen der bundesweit einheitlichen 15-stelligen Betriebsnummer nach InVeKoS-Verordnung festgelegten zweistelligen BL-Code der Länder verwenden können. Anerkennungsnummern, die bis zum 30. Juni 2010 von der zuständigen Anerkennungsstelle vergeben werden, dürfen noch bis zum 30. Juni 2014 verwendet werden. Dies soll den Aufbrauch von vorhandenem Kennzeichnungsmaterial ermöglichen.
Beachten Sie hierzu auch unser Merkblatt „Neugestaltung der Anerkennungsnummern ab Mitte 2010“ im internen BVO-Bereich unter Leitfäden-Hinweise.
Sonstige Neuerungen entnehmen Sie bitte dem Verordnungstext.
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Nichtobligatorische Beschaffenheitsprüfung (NOB)
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In Umsetzung des § 12 Absatz 1 b der Saatgutverordnung (SaatgutV) haben die Anerkennungsstellen in Zusammenarbeit mit der Saatgutwirtschaft 2005 das Verfahren der „Nicht obligatorischen Beschaffenheitsprüfung“ entwickelt. Dieses Verfahren ist dem dänischen Anerkennungsverfahren angenähert. Die Wirtschaft erhält im Vorfeld mehr Eigenverantwortung. Es müssen nicht mehr alle Partien so strikt wie im „normalen“ Anerkennungsverfahren bis zum Inverkehrbringen geprüft werden. Im Nachhinein werden die aufbereiteten Partien aber sehr genau untersucht und die Ergebnisse werden im Internet veröffentlicht. Die Arbeitsgemeinschaft der Anerkennungsstellen hat in Zusammenarbeit mit der Saatgutwirtschaft entsprechende Verfahrensabläufe erarbeitet. Das NOB-Verfahren ermöglicht somit eine schnellere Belieferung der Kunden mit Z-Saatgut ohne Verzicht auf Sicherheit und Qualität. Es trägt zur Reduzierung der Kosten bei der Aufbereitung und Saatgutuntersuchung bei.
Dabei sind folgende Punkte besonders zu beachten:
- Weizen, Gerste, Mais, Roggen und Triticale sind für das Verfahren zugelassen.
- Werden Mängel des Feldbestandes bei der Feldbestandsprüfung festgestellt, sind diese Vermehrungsvorhaben ausgeschlossen.
- Probenahme kann aus max. 120 t vorgereinigter Rohware erfolgen; eine Verfahrensweise aus aufbereiteter Saatware ist ebenfalls möglich.
- Anerkennungsbescheide werden für je 30 t erteilt. Ergebnisse der Beschaffenheitsprüfung dürfen nicht auf dem amtlichen Etikett, aber auf einem Zusatzetikett oder einem weißen, nicht amtlichen Anhang des amtlichen Etiketts erscheinen.
- Aus der aufbereiteten Saatware wird je 30 t eine Kontrollprobe mit einem von der zuständigen Anerkennungsstelle überprüften und zugelassenen automatischen Probenahmegerät gezogen.
- Die Arbeitsgemeinschaft der Anerkennungsstellen hat einen Maßnahmenkatalog zu den Kontrollproben erstellt.
- Kontrollproben werden untersucht und die Ergebnisse hier veröffentlicht.
- Die Wirtschaft hat eine Empfehlung für Entschädigungsregelungen vereinbart, die Käufer und Verkäufer beim Kauf von im Rahmen des Verfahrens anerkanntem Saatgut anwenden können.
- Es werden 25 % der Kontrollproben, mindestens aber eine je Partie, untersucht.
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